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Als Vertreterinnen und Vertreter der universitären – insbesondere rechtswissenschaftlichen – Forschung und Lehre sowie der Justiz protestieren wir nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie im Rahmen der Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht in der Politik und in der Öffentlichkeit mit Frauke Brosius-Gersdorf umgegangen wurde. Dieser Umgang ist geeignet, die Kandidatin, die beteiligten Institutionen und mittelfristig über den Verfall der angemessenen Umgangskultur die gesamte demokratische Ordnung zu beschädigen.
Zunächst ist zu betonen, dass Frauke Brosius-Gersdorf eine hoch angesehene Staatsrechtslehrerin ist. Das ist in Fachkreisen völlig unstreitig. Alle Äußerungen, die ihre wissenschaftliche Reputation in Frage stellen, sind daher schlicht unzutreffend und unsachlich. Das schließt es selbstverständlich nicht aus, dass man einzelne ihrer juristischen Positionen kritisieren oder andere Meinungen vertreten kann. Darstellungen aber, die diese Positionen als von vornherein abseitig oder radikal einordnen, sind jedenfalls durch Unkenntnis der rechtswissenschaftlichen Diskussion geprägt. Äußerungen einzelner Bundestagsabgeordneter, ihre Universität möge aufgrund dieser Positionen Maßnahmen gegen Frauke Brosius-Gersdorf ergreifen, stellen einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit selbst dar.
Im Rahmen des Nominierungsprozesses können zwar selbstverständlich sowohl die – hier aber ohne Zweifel bestehende – fachliche Qualifikation als auch einzelne zuvor geäußerte Ansichten der Kandidatinnen und Kandidaten zum Gegenstand gemacht und kritisiert werden. Umso wichtiger ist es dann aber, dass im Zuge dieses Prozesses die beteiligten Personen und Institutionen nicht beschädigt werden. Im Richterwahlausschuss eine Kandidatin zunächst zu bestätigen, um dann gegenüber ideologisierten Lobbygruppen und mit Unwahrheiten und Diffamierungen gespickten Kampagnen zurückzurudern, zeugt zumindest von fehlendem politischem Rückgrat und mangelnder interner Vorbereitung. Dass dann ausgesprochen unglaubhafte Plagiatsvorwürfe als Vorwand für eine Vertagung herhalten müssen und dadurch eine weitere Beschädigung der Kandidatin in Kauf genommen wird, ist ein Angriff auf das Ansehen der Wissenschaft und ihrer Vertreterinnen und Vertreter.
Das Bundesverfassungsgericht und die deutsche Staatsrechtslehre haben ihr hohes – auch internationales – Ansehen nicht zuletzt durch die wohl einzigartige Verbindung von Verfassungspraxis und Verfassungsrechtswissenschaft gewonnen. Dies setzt aber voraus, dass Rechtswissenschaftler und Rechtswissenschaftlerinnen, die sich an dieser Praxis beteiligen sollen, von der Politik vor Herabwürdigung geschützt werden. Im Fall von Frauke Brosius-Gersdorf ist dies den dafür verantwortlichen Personen und Institutionen bisher nicht gelungen.
Beck, Susanne, Prof.’in Dr. LL.M. (LSE), Universität Hannover
Huster, Stefan, Prof. Dr., Ruhr-Universität Bochum
Thiele, Alexander, Prof. Dr., Business & Law School Berlin
[....] (weitere 282 Unterschriften)
Ich wünsche den Kommentatoren unter dem Artikel das ihnen die Zähne ausfallen