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[-] [email protected] 1 points 1 week ago

AfD verbieten ist Schritt 1. Dann macht man Politik, die den AfD Wählern tatsächlich hilft. Die Wut der Menschen auf das "Establishment" ist ja sehr berechtigt und die AfD schafft es halt, diese Wut auf Minderheiten und ausländische Minderheiten zu lenken. Die "Etablierten" könnten den Spuk der AfD ja relativ schnell beenden, wenn sie halt Wirtschaftspolitik aus den 50ern auspacken würden, statt Gesellschaftspolitik aus den 50ern.

Aber gut, du hast nach realistischen Optionen gefragt, die realistischste Option ist wohl, dass wir wieder einen zivilisatorischen Kontrollverlust erleben werden, und dann ist es wieder für 3 Generationen gut, wenn sich alle menschenfeindlich austoben durften.

[-] [email protected] 1 points 1 week ago

Dann macht man Politik, die den AfD Wählern tatsächlich hilft. Die Wut der Menschen auf das “Establishment” ist ja sehr berechtigt und die AfD schafft es halt, diese Wut auf Minderheiten und ausländische Minderheiten zu lenken.

Volle Zustimmung!

Die “Etablierten” könnten den Spuk der AfD ja relativ schnell beenden, wenn sie halt Wirtschaftspolitik aus den 50ern auspacken würden, statt Gesellschaftspolitik aus den 50ern.

Meinst du nicht, dass diese Wähler nicht auch explizit die Gesellschaftspolitik der 50er haben wollen? "Damals", als alles noch vermeintlich so viel einfacher war.. Wie in einem anderen Kommentar schon mal gesagt, sind die AfD-Wähler ja nicht nur die wirtschaftlich abgehängten, die man mit einem robusten Sozialstaat wieder auf den Boden unserer Verfassung zurückbringt und die eigentlich wirtschaftlich links denken. Sondern es sind doch auch diejenigen, die auch wirtschaftlich rechts denken und die, wie ein Musk, Milei oder Trump, einen "schlanken" Staat wollen, der "endlich aufhört, ihr sauer verdientes Geld zu verschleudern". Die kriegst du damit halt nicht, denke ich (und ich glaube, das wäre auch genau einer der Punkte, an der die AfD im Falle einer Regierung zerreißen würde, denn eine libertäre Wessi-Finanz-Weidel passt halt mit einem "Sozialstaat für (Ost-)Deutsche"-Kümmerer-Chrupalla eigentlich null zusammen und klappt bisher nur, weil das gemeinsame Ziel "Establishment zerstören" dominiert).

Ich hatte jetzt mehrfach das zweifelhafte Vergnügen, beruflich AfD-Anhänger kennenzulernen. Arm war keiner von denen, aber sie alle hatten diese Sehnsucht nach simplen Antworten in einer Welt, die komplexer und anstrengender wird. Die wollen sich dem nicht stellen, die wollen keine Antworten finden, die wollen einfach "zurück" und mit dem Kopf in den Sand. Ich glaube, die kapieren es halt erst, wenn sie selber sehen, dass ihnen gequirlte Scheiße vorgemacht wurde.

[-] [email protected] 1 points 6 days ago

Meinst du nicht, dass diese Wähler nicht auch explizit die Gesellschaftspolitik der 50er haben wollen?

Weiß nicht, glaube nicht, dass sie das stark genug wollen, ehrlich gesagt. Wenn das verfestigtes Verlangen wäre, hätte die NPD oder Republikaner oder sonst wer ja schon in den 90ern beinahe 40% und mehr einfahren müssen.

Ich vermute, dass es den meisten Menschen eigentlich grundlegend egal ist, wer um sie rum wohnt und Dinge tut. Solange es den Leuten gut geht UND es so aussieht, als würde es immer besser, ist alles andere herzlich egal. Deswegen sind es nicht nur die wirtschaftlich abgehängten, weil das Versprechen des Wohlstandsfortschritts zugunsten der besitzenden Klasse aufgegeben wurde.

Einfach nur stumpf ein Beispiel: die medizinische Versorgung wird flächendeckend schlechter. Auf dem Land gibt es keine Ärzte mehr, alle sinnvolle Versorgung kostet extra und dreifach, Facharzttermine, Kinderarztplätze etc. bekommt man gar nicht mehr. Wenn da dann jemand kommt und sagt "Die Geflüchteten nehmen euch die Arzttermine weg" dann ist das Stuss, aber deutlich weniger kompliziert als "Das Gesundheitssystem wurde zerstört, weil die Gierigen dieser Welt das Geld haben wollen, dass wir sonst für eine gute Versorgung ausgeben könnten". Und v.a. die Lösung erscheint dann deutlich einfacher und schneller umzusetzen. Und dieses Muster kann ich auf alle Probleme anwenden. Gerade im Osten. Im Westen hatten wir ja noch den Vorteil, dass das Wohlstandsversprechen 2-3 Generationen aufging. Im Osten war der Wohlstandsfortschritt zu DDR Zeiten langsamer, dann kam mit der Wende nochmal der Double Down des Versprechens und passiert ist quasi nichts. Au contraire, die neuen Bundesländer wurden sogar noch früher abgezogen als der Westen.

Jeden Wandel kann ich ja positiv gestalten, mit Vorteilen für alle Menschen, aber das tun die Etablierten ja nicht. Und die Lösungen der progressiven "Radikalen" sind zwar meistens richtig, aber brauchen 5 Schritte in der Erklärung, da schaltet man gerne ab, eben genau weil es vielen eigentlich egal ist.

[-] [email protected] 1 points 5 days ago

Wenn das verfestigtes Verlangen wäre, hätte die NPD oder Republikaner oder sonst wer ja schon in den 90ern beinahe 40% und mehr einfahren müssen.

NPD und Republikaner hatten immer dieses Schmuddel-Schlägerglatzen-Image, was den "Erfolg" auf bestimmte gesellschaftliche Schichten beschränkt hat. Die AfD hat es hinbekommen, ekelhaft genug für diese Typen, aber gleichzeitig "sauber" genug zu sein, um auch bis ins bürgerliche Lager wirken zu können. Dazu ist sie in der - für sie komfortablen, für uns gefährlichen - Position, dass auch der Wähler der Meinung ist, dass "ihre" Themen momentan die wichtigsten sind, was bei NPD und Republikanern nie der Fall war.

Ich vermute, dass es den meisten Menschen eigentlich grundlegend egal ist, wer um sie rum wohnt und Dinge tut. Solange es den Leuten gut geht UND es so aussieht, als würde es immer besser, ist alles andere herzlich egal.

Da stimme ich dir allerdings voll zu, das sehe ich genau so. Das Paradoxe hier ist halt die Definition von "gut geht". Uns geht es ja eigentlich sogar ziemlich gut und weite Teile der Weltbevölkerung würden herzlich gern mit uns tauschen. Und selbst im europäischen Vergleich geht es uns gut. Dennoch spürt man, dass es irgendwie hakt, dass Leistungen sich verschlechtern, dass gleichzeitig Abgaben steigen, dass irgendwie der Wurm drin ist. Für diese Leute ist die Lösung, dass wir uns wieder in die 50er träumen, als könnte man einfach so die Uhr zurückdrehen. Wir beide wissen, dass das nicht geht. Aber den Typen muss man das irgendwie klarmachen.

[-] [email protected] 1 points 5 days ago

Uns geht es ja eigentlich sogar ziemlich gut

Ja, das ist ja, was mich oft im Westen so wundert. Ich meine, im Osten auf den Käffern geht es den Dagebliebenen materiell auch gut, aber da ist halt die Nahversorgung tot und jedes zweite Haus steht leer und verfällt. Aber bspw. in Bayern oder RLP auf dem Land ist das merkwürdig: da fährste durch brummende Käffer, Nahversorgung da, alle wohnen auf 1000 qm Grundstücken, in nigelnagelneuen 250 qm Häusern, zwei neue Autos im Carport, Solaranlage auf dem Dach, Küchenausstattung einmal alles von Miele und dann 40% AfD. Deswegen glaube ich, dass dieses "und ZUSÄTZLICH muss die Wohlstandsentwicklung nach oben zeigen" ganz elementar ist.

Adorno hat da den Nagel auf den Kopf getroffen. Er schrieb, dass Extremismus immer dann Oberwasser hat, wenn zentrale gesellschaftliche Versprechen nicht eingehalten werden. Und diese nicht eingehaltenen Versprechen sind mMn derzeit

  • Mir und meinen Kindern wird es immer besser gehen
  • Alle sind vor dem Gesetz gleich

Deswegen glaube ich ja, dass die Menschen in ihrem diffusen Gefühl recht haben. Geisterte ja auch gerade dieses Video von Moritz Neumeier in der heute Show durch den Äther, da trifft er es auch. Die gefühlte Ungerechtigkeit ist ja real, aber es fehlt offensichtlich an der intellektuellen Fähigkeit, die echten "Schuldigen" zu identifizieren. Und da meine ich halt, das könnten die etablierten Machthabenden in den Griff bekommen. Aber das tun sie irgendwie nicht. Und den Mechanismus warum sie das nicht tun, habe ich irgendwie noch nicht durchstiegen.

[-] [email protected] 1 points 5 days ago

Mir und meinen Kindern wird es immer besser gehen

Das, beziehungsweise das "ZUSÄTZLICH muss die Wohlstandsentwicklung nach oben zeigen" ist glaube ich auch ein sehr extrem schwierig umzusetzendes Versprechen. Wir kommen aus einer langen Epoche, wo wir in Europa quasi der Nabel der Welt waren. Nicht nur durch Globalisierung, sondern auch durch die Dynamiken, wo und wie technologische Innovation Wachstumsimpulse setzt, sind wir nicht länger das wirtschaftliche Epizentrum der Welt, sondern nach Amerika und Asien nun eben insbesondere China. Unsere Zeiten als Exportweltmeister sind vorbei und denke nicht, dass sie jemals wiederkommen. Unseren Unternehmen geht es verhältnismäßig gut, was aber nicht zuletzt daran liegt, dass ihre Fertigung eben nicht mehr hier, sondern (auch) nach Osteuropa oder gleich Asien abgewandert ist. Übertrieben gesagt: während du früher einen regional verwurzelten Produzenten hattest, in dem ein Typ vom Dorf nebenan sein gesamtes Arbeitsleben verbringen konnte, hast du heute Aktiengesellschaften im internationalen Streubesitz, die ihre Fertigung global da hinstellen, wo es Abnehmer und günstige Arbeitskräfte gibt. Regional von hier ist da allenfalls die ladungsfähige Anschrift der Konzernzentrale.

Und wenn du dir da dann die entsprechende Wirtschaftspolitik der schwarzen Regierung ansiehst, die in diesen Zeiten eigentlich dafür sorgen müsste, dass Deutschland die momentane Kraft nutzt, um in Zukunft nicht (noch mehr) den Anschluss zu verlieren, stattdessen aber zusammen mit der Wirtschaft primär ein sklerotisches Festhalten am Status quo zementiert, dann glaube ich nicht, dass wir dieses Versprechen wirksam halten können werden.

this post was submitted on 11 Jul 2025
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