Hallo liebe Feddit User :)
Ich starte nächsten Monat ein Studium im MINT Bereich (Ökosystemmanagement -> eher lebenswissenschaftlich, biologische Themen) und besuche aktuell den Mathe Vorkurs. Kurzum, es ist eine komplette Katastrophe.
Ich war nie sehr gut in Mathe und bin immer eher durchgerutscht. Meine Beste Note war mal eine 3, in den meisten Fällen eher 4 oder 5. Im Abi hatte ich den Grundkurs, wo wir quasi die Jahre nur durchgechillt haben (damals war ich froh, dass dem Lehrer nur die anwesendheitspflicht ausreichte, im nachhinein eigentlich blöd). Mein Abi ist jetzt auch schon gut 6 Jahre her, heißt, ich hatte lange kein Mathe mehr. Ich habe im Vorkurs festgestellt, dass ich tatsächlich recht ausgeprägte Lücken vorweise, also zum Thema Funktionen, Potenzen, Brüche, teilweise auch Probleme oder eher eingerostet was Rechenregeln angeht. Ich verstehe bei der Vorlesung vielleicht 20% und da das Tutorium aufgrund schlechter Organisation seitens Uni auf Englisch ist, habe ich durch meine schlechten Mathe Kenntnisse und der zusätzlichen Sprachbarriere ebenfalls Schwierigkeiten mitzukommen.
Ich möchte das Studium unbedingt anpacken und schaffen, bin zwar schon 25 und fange relativ spät an zu studieren, aber ich bin motiviert und auch am Thema interessiert. Nur dieses Mathe Modul (wo ua. auch Statistik dran kommen wird) macht mir wirklich schon jetzt Bauchschmerzen. Ich möchte das Mathe Modul eigentlich gerne im ersten Semester abhaken, aber im Zweifel schiebe ich es auf und bringe mir erstmal die Basics bei, um das Modul gut zu überstehen.
Um zum Punkt zu kommen, hatte jemand eine ähnliche Erfahrung und/oder kann mir Literatur empfehlen, die mir hilft die Oberstufen Basics noch ein mal in Alleinarbeit durchzugehen? Ich freue mich über jeden Tipp. Auf Reddit habe ich bereits von Papula gelesen? Vielleicht hat ja jemand noch weitere Empfehlungen :)
Ich spreche hier nur aus meiner persönlichen Erfahrung.
Es ist quasi unmöglich den gesamten Stoff seit der 8. aufzuholen, einiges aus dem Vorkurs musst du vll. sogar neu lernen. Wenn du die klassische Uni-Vorlesung besuchst, also Analysis / Lineare Algebra I, ist das aber auch evtl. gar nicht so schlimm, denn Schulmathematik (Rechnen) und Hochschulmathematik haben häufig nur sehr wenig miteinander zu tun.
Uni-Mathe ist fies, die Durchfallquoten sind hoch und die Vorlesungen sind häufig schlecht. Es geht vor allem erstmal darum die Sprache der Mathematiker zu verstehen, denn die ist für Laien ungewohnt. Mit Glück hast du einen guten Dozenten und bekommst ein Skript. Es kann aber auch sein, dass du jede Woche 2 Stunden lang gehetzt 8 halbe Tafeln abschreibst a la "Beweis 4 Lemma 8 es existiert ein epsilon bla bla bla". Viele Erstis verstehen null und das bleibt bei manchen auch bis zum Ende des Semesters so.
Damit moechte ich dir aber keine Angst machen! dir nur falsche Erwartungen ersparen. Ich würde also dem Stoff aus dem Vorkurs wenig Beachtung schenken, dafür reicht die Zeit sowieso nicht, sondern direkt den Vorlesungsstoff lernen. Du brauchst ein gutes Buch dass dir die ganzen Definitionen und Beweise auflistet und in Fußnoten erklärt. Versuch also die Sprache zu verstehen und die Herangehensweise zu lernen, es scheitert nämlich häufig schon am Verstehen der Aufgabe. Und im Semester selbst suchst du dir ein paar anständige Leute mit denen du ne Lerngruppe bilden kannst. Du schaffst das schon, am Ende wirst du zeigen dass die Funktion beschränkt ist und nicht andersrum :)
Edit: Hast nach Literatur gefragt und ich hab nur rumgebrabbelt, entschuldige mein Kerl.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Einerseits ist meine Angst weiterhin bestätigt, andererseits klingt es, als wäre es nicht gänzlich unmöglich - selbst, wenn man kein Mathe Ass ist.
In meinem Modul kommt nicht nur Algebra I, sondern auch u.a. Vektor-/Matrixrechnung, Lineare Gleichungen und Statistik/Wahrscheinlichkeitsrechnung vor. Hättest du vielleicht auch ein Tipp für so ein gutes Buch? :) Ich nehme alles was ich kriegen kann :D
Wird Overkill sein aber ich studiere was hart mathematisches und das sind meine Empfehlungen.
Was ich wärmstens empfehlen kann ist sich die Grundlagen reinzuprügeln. Potenz, Logarithmus und Wurzelgesetze, Bruchrechnung, Differenziations- und Integrationsregeln, elementare Funktionen (Verlauf, charakteristische Stellen, ...), Umgang mit trigonometrischen Funktionen, Gleichungen umstellen und lösen... Wenn das verlässlich sitzt hast du ungemein viel gewonnen. Das ist grundlegendes Handwerkszeug und man kann sich mit gutem Wissen an der Stelle viel einfacher auf die komplizierteren Lehrinhalte konzentrieren.
Hierzu einfach die entsprechenden Punkte in Google reinwerfen, die Regeln etc raussuchen und dann GANZ WICHTIG anwenden bis zum umfallen. Anki kann helfen (digitale Lernkarten) aber verinnerlichen tut man es nur durch Anwendung und Übung. Dazu einfach Aufgabensammlungen nutzen. Gibt's als Bücher oder bestimmt auch online. Habe leider keine Empfehlung. Ich hab mit einem alten Buch von meinem Opa geübt. Hab fix das ergooglet: https://mo.mathematik.uni-stuttgart.de/aufgaben/ Sieht auf den schnellen Blick ganz gut aus.
Ähnlich wichtig: die mathematische Notation lernen. Hier findest du einen umfassenden Überblick. https://mo.mathematik.uni-stuttgart.de/notationen/ Mach das schrittweise und konzentriere dich auf wesentliches. Fast alles bis Vektoranalysis würd ich als relevant bezeichnen hängt aber von deiner Hochschule ab. Da gibt es einen riesen level Sprung von dem was man vorher in der Schule gesehen hat und auch in irgendwelchen YouTube Videos häufig ganz gut erklärt bekommen kann zu dem Hochschulkram. Auf einmal benutzen die eine andere "Sprache" und man guckt ins Buch und versteht nix. Das ist ganz normal. Auch hier Zeit zu investieren ist ganz sinnvolle finde ich.
Für Lösungsstrategien und Schemata typischer Aufgaben gibt es das gelbe Rechenbuch. Die gibt es auch auf einschlägigen Seiten zum Download falls man Mal reingucken will aber für den Preis den Herr Furlan verlangt ist das gut investierten Geld. https://www.das-gelbe-rechenbuch.de/
Vektor- und Matrixrechnung ist sehr viel einfaches Schema. Man muss allerdings den Überblick bewahren und ohne Flüchtigkeitsfehler einfache Rechnungen durchführen können. Das ging mir ganz gut in den Kopf.
Für Integral- und Differentialrechnung musste ich die elementaren Funktionen wie oben angemerkt lernen. Dann ging das auch ganz gut. Der ganze Stetigkeitsnachweiskram ist auch ganz gut zu bewältigen.
Komplexe Zahlen sind kein Hexenwerk. Das ging gut von der Hand und kommt tatsächlich immer wieder vor.
Die schwierigeren Aspekte der Vektoralgebra hab ich bis heute nicht vernünftig verstanden. Die 2, 3 mal die ich das aber noch nutzen musste waren aber auch viel einfacher als das was ich damals in den Mathevorlesungen machen musste.
Ich hatte viele Probleme mit Folgen, Reihen, Potenzreihen und Grenzwertrechnung im allgemeinen.
Ich hatte in meinem Studium super schlechte Aufgabenblätter. Zu jedem Typ Aufgabe nur eine Hand voll Aufgaben zum üben und in jeder Aufgabe wurde ein anderer besonderen Kniff vorausgesetzt um die Aufgabe zu lösen. Das war frustig. Dann lieber auf Aufgabensammlungen zurück greifen.
Statistik und Stochastik hatte ich nur in einem Wahlfach und das nachdem ich mich durch 4 harte Mathevorlesungen gequält habe. Da war das halb so wild. War an dem Punkt vor allem wieder Notation lernen, auswendig lernen von Formeln und wann man was warum anwendet.
Zusammenfassend: elementare Konzepte kennen und verinnerlichen. Alles so gut es geht darauf zurückführen und dann die kleinen Teilprobleme bewältigen.
Du packst das schon. Und wenn alle Stricke reißen: Nachhilfe nehmen. Geht zwar gut ins Geld aber vielleicht zu dritt oder so zusammen hingehen. Und üben üben üben.
Vielen Dank für die ganzen Tipps, ich werde einige definitiv beherzigen und mir auch mal das gelbe Buch zulegen :) das macht mir jetzt ein bisschen Mut!