this post was submitted on 02 Jul 2023
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Es ist echt interessant wie die Wähler darüber jammern als Nazis dargestellt zu werden
Parteien wählen deren führende Mitglieder auf astreinen Skinheadumzügen sich mit waschechten Neonazis verbrüdern. Komisch.
Das Wort Nazi ist sowohl durch inflationären Gebrauch bedeutungslos, als auch die schlimmste Beleidigung, die es je gab.
Der Feind ist stark und schwach zugleich - Faschismus 101
Man macht es sich auch damit einfach und externalisiert die Verantwortung. Die meisten AfD-Wähler wählen ja nicht schon immer für sie oder eine rechtsextreme Partei wie die NPD. Da gehört eine Geschichte der Wende mit ihren Nachwirkungen, den strukturellen Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft sowie vieler weiterer Faktoren dazu. Aber das ist eben komplexer, als sich auf einer einfachen, populistischen Erklärungsformel auszuruhen.
Doch schon, es gibt Studien die zeigen dass AfD Wähler die AfD wählen weil sie rechts und populistisch ist. Und zwar unabhängig vom sozioökonomischen Status. Und auch nicht bereit sind ohne weiteres was anderes zu wählen. Können wir mal aufhören die Mär vom armen Ossi zu erzählen, der für Nazis stimmt weil der Bus nicht mehr so häufig fährt?
Dass das gerade von dir kommt ist auch lustig, du hattest doch ewig ein "Stolzmonat"-Profilbild und wolltest nicht erkennen dass das irgendwas mit rechtsextremen Spacken zu tun hat.
Es gibt auch Studien die zeigen dass 2/3 der ostdeutschen AfD-Wähler die Positionen der AfD nicht vertreten. 1/3 sind immer noch zu viel aber ne komplett andere Hausnummer (und im Westen auch nicht unbedingt niedriger, nicht jedes Land ist SH).
Das sind also durchaus Protestwähler. Protestwähler die vor Nazis nicht zurückscheuen ("mal richtig Angst machen") gibt's auch im Westen, aber viel viel weniger.
Was du dich mal fragen solltest ist warum es im Osten so viele Protestwähler gibt. Aus dem Osten wirste dann so Dinge wie "wir fühlen uns nicht repräsentiert, wir haben Jahre lang PDS / Die Linke gewählt und der Osten gehört immer noch den Wessis" hören, was durchaus nicht falsch ist, aber auch wieder nicht der Kernpunkt der Bredouille: Das ist die geringe demokratische Partizipation, fehlende Strukturen für gesellschaftliches Engagement etc. im Osten weil für Politik ist Die Partei zuständig, nicht der Bürger.
Wählen alleine reicht halt nicht.
Wenn die Ossis mal richtig Protest machen wollen dann sollten sie die SED neu gründen -- als ernstgemeinte Satirepartei. Aufstellen von Stirnerdenkmälern, Vergesellschaftung aller Produktionsmittel nach Artikel 15. Da geht den Kapitalisten dann nämlich der Arsch wirklich auf Grundeis und sie werden von alleine den Sozialstaat wieder reparieren nur um das abzuwenden. 30 Jahre Wiedervereinigung und die Bundesrepublik ist weniger sozial geworden, liegt daran dass die Ossis als Gesellschaft weniger politischen linksdruck ausüben als die DDR damals als Staat. Und das liegt nicht an einem Mangel an roten Socken im Osten. Zumindest in meiner Generation, was im Osten ziemlich genau "Angefressen weil die Pioniere aufgelöst wurden bevor ich mein Halsband bekommen hab" bedeutet überwiegt da die Einstellung "Diktatur scheiße aber Kapitalismus genauso".
Gerade in Thüringen hat die Linkspartei einiges erreicht, und trotzdem ist sie in den Wahlen abgeschmiert. Wie erklärst du dir das? Und der Hass auf die Flüchtlinge die ihnen die Sozialleistungen wegnehmen ist dort auch groß
Der Hass wäre nicht da wenn Sozialleistungen hierzulande nicht entwürdigend wären (ist mit Bürgergeld jetzt ein bisschen besser gewesen) und dagegen konnte ein Landesverband nichts tun. Die AfD natürlich auch nichts -- sie will es ja auch garnicht bei denen ist Armenhass Programm. Das emotionale ist doch "Für die ist Geld da aber bei uns wird jeder Cent dreimal umgedreht": Ohne das letztere fehlt für das erstere die Empörung.
Ansonsten kann ich über lokales nicht sonderlich viel sagen, seh' ich wie ein Thüringer aus. Aber wenn ich mir mal Stichprobenweise sowas hier angucke dann hat Die Linke anscheinend nicht wirklich was erreicht, das geht einiges besser.
Und ja vom Image her hat Die Linke im Moment das Problem von "Die kümmern sich mehr um Gendersternchen als wie's den Leuten geht". Denn mit einem hat die Waga Zarenknecht schon recht: Man darf im Angesicht der Unterstützung von Minderheiten nicht die Mehrheit aus den Augen verlieren. Du kannst nicht von Leuten Solidarität einfordern wenn sich gleichzeitig niemand mit ihnen solidarisch zeigt, das ist ein geben und nehmen und Vertrauenssache.
Und dann nuja Thüringen und Industrie Zeiss zu vergesellschaften würde jetzt keinen Sinn machen die sind eh schon ne gemeinnützige Stiftung. Bosch auch und meine Fresse sieht das mau aus, vergleich mal mit "arm aber zufrieden" Schleswig-Holstein. Zahlen liegen 10 Jahre auseinander hab jetzt gerade keinen Bock besseres zu finden aber bei uns schrauben mehr Leute Schiffe zusammen als in Thüringen bei EDEKA (auch Netto) an der Kasse stehen und wir haben nicht deutlich viel mehr an Bevölkerung.
Ah ja, wenn es eine Kritik am Verkehrsverbund gibt, hat sie nix erreicht. Gratis Kitas sind natürlich nix
Haben alle Menschen Kinder im Kitaalter und selbst wenn, kann man mit Bus und Bahn zur Kita?
Und Kitas kosten hier auch nichts wenn du wenig verdienst und danach gibt's ne ganze Weile anständig Entlastung. Und das mit CDU-Regierung. Denen wirst du so schnell nicht erzählen können dass Bonzen nichts bezahlen sollten und, sei mal ehrlich, würde sich das überhaupt lohnen. Da gibt's doch wirklich fruchtbarere Äcker.
Und meine Fresse geht das Reiten auf einer Sache die, aus individualer Sicht, Klientelpolitik ist sowas am Punkt vorbei. Klar ist ein Stück gute alte DDR und will das gar nicht schlecht reden aber dadurch kommt Jörg morgens um 1 nicht zu seiner Lehrstelle beim Bäcker. Einen anderes Angebot gab's für ihn nicht, für's Auto reicht's nicht, und zum Umziehen ist auch kein Geld da, musser wohl doch Alkoholiker werden denn mit Freundin wird's so auch nichts warum sollte ihn dann die Kita interessieren.
Strukturprobleme. Probiert's mal damit. Und das fängt mit Daseinsvorsorge an und dazu gehört auch der Nahverkehr. Deshalb ist das überhaupt eine Stelle bei der ich ne Stichprobe gesetzt habe, das war kein Zufall dass ich darauf gelandet bin.
Äh 49€ Ticket. Niemand juckt den Verkehrsverbund. Und die meisten pendeln eben nicht nur Bahn, sondern haben noch Bus/Tram im Vor und Nachlauf. Schleswig Holstein hat übrigens auch einen Zwangsverbundtarif der die Bahncard nicht voll anerkennt (Nah.SH) Mich kommt ein ICE Ticket mit BC50 nach Lübeck (von Hamburg) auch günstiger als Nah.SH
Und wer hat's eingeführt?
Und das ist nicht Nahverkehr?
Die Landesregierung hat gerade das Meisterstück hingelegt das 49-Euro Ticket für Landesbedienstete zu ermäßigen aber für Empfänger von Sozialleistungen ist nichts drin. Du musst mir nicht erzählen dass wir ne CDU-Regierung haben das merke ich selber. Selbst wenn's im Bundesvergleich die anständigste CDU ist isses immer noch CDU.
Bei der Linken, allerdings? Wenn Wähler Linkspartei wählen und sich dann hinstellen und sagen "der malochenden Masse geht's drecking und die Lumpen sind Alkoholgetränkt" dann sollte man mal mit "Die Partei hat immer Recht" und "denkt denn niemand an unsere Leuchtturmprojekte" aufhören.
Ich bin jetzt nicht gerade Jemand, der die "Ossis" besonders in Schutz nehmen würde. Da scheint es ja auch eine durch die DDR und darüber hinaus geprägte Kultur zu geben, nach der sich die herrschende Politik doch um viele Lebensbereiche kümmern sollte, die anderswo über persönliches und regionales Engagement gelöst werden. Da gibt es auch eine Studie von einem Berliner Institut, die das in verschiedenen Regionen erforscht hat. Ich finde sie nur gerade nicht. :P
Die AfD ist eine rechtsextreme Partei.
Menschen, die Rechtsextremisten wählen, sind zumindest damit einverstanden, von Rechtsextremisten repräsentiert zu werden.
Welche komplexen Erklärungsmodelle würden daran denn irgendetwas ändern?
Ich denke, dass es aus Sicht einer nach Aufklärung strebenden Gesellschaft sinnvoll sein kann, dass man offen und nüchtern darüber spricht, wie die Verhältnisse zwischen Parteien als politische Mitbewerber um Macht und Einfluss tatsächlich sind. Ich denke nämlich, dass die AfD nicht primär bei den etablierten Parteien unbeliebt ist, weil sie rechtsextrem ist, sondern weil sie ihnen vordergründig Sitze, Posten, Funktionen, Förderungen, Arbeitsplätze und Privilegien kostet. Es ist ein riesiger Machtapparat, der alle Karten ausspielt, die er in der Hand hat. Ähnliches hat auch die PDS bzw. ihre Nachfolgerin Die Linke in den 90er und 2000er Jahren erlebt, bis sie sich im Inneren mäßigte und somit kompatibel wurde um in die Machtverhältnisse eingebettet zu werden. Die älteren Grünen, wenn es sie denn noch gibt, kennen das sicher auch noch aus ihrer Anfangszeit.
Die Verantwortung für das Wählen einer Partei liegt beim Wähler.
Wer eine Partei wählt, die von Neo-Nazis durchdrungen ist, ist ein Nazi-Wähler und daran ganz alleine selber schuld.
Das macht so in unserer Wertvorstellung Sinn, ist aber völlig bedeutungslos für die Wähler der AfD. Eine öffentlich gerierte Ächtung von AfD-Wählern, würde sie schlicht nicht interessieren bzw. eher noch stärker für die AfD mobilisieren. Deshalb rate ich von der Art der Auseinandersetzung auch ab.