Das überarbeitete Einwanderungsrecht soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Ausländische Abschlüsse werden künftig anerkannt und das Potenzial der Immigranten nach einem Punktesystem bewertet.
Die Ampelkoalition will noch im Laufe dieses Jahres mit Lockerungen beim Einwanderungsrecht einen Durchbruch für die Gewinnung von Fachkräften schaffen. Nachdem die Bundesregierung im März einen ersten Gesetzentwurf präsentiert hatte, haben sich nun die Bundestagsfraktionen der Ampelkoalition auf eine überarbeitete Fassung geeinigt. Das Gesetz soll nun im Eilverfahren und noch in dieser Woche vom Bundestag verabschiedet werden, teilten die Parlamentarischen Geschäftsführenden von SPD, Grünen und FDP in Berlin mit. Deutschland bekomme eines der modernsten Einwanderungsgesetze der Welt, sagte die SPD-Politikerin Katja Mast. Johannes Vogel von der FDP sprach von einem "historischen" Vorhaben.
In den vergangenen 20 Jahren waren die Wege für den Zuzug von Qualifizierten immer wieder ausgebaut worden, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. 2021 kamen lediglich rund 40 000 Menschen zum Arbeiten aus Ländern außerhalb der EU ins Land, auch vor der Corona-Pandemie 2019 waren es nur gut 64 000. Zu wenige, um eines der größten Probleme der deutschen Wirtschaft zu lösen: fehlende Fachkräfte. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zählte Ende 2022 bundesweit 1,98 Millionen offene Stellen - so viele wie nie.
Der Mangel an Fachkräften gilt inzwischen als eine veritable Wachstumsbremse der Wirtschaft. Besonders groß sind die Lücken in der Sozialarbeit, der Erziehung, der Pflege, bei IT-Berufen und im Handwerk. Um sie zu schließen, müssten jährlich 400 000 Menschen zusätzlich zuwandern. Mit der Reform hofft die Regierung auf immerhin 75 000 zusätzlich pro Jahr. Die Lage für die Wirtschaft spitzt sich in den nächsten Jahren derweil weiter zu. Bis 2035 werden Experten zufolge weitere sieben Millionen Arbeitskräfte verloren gehen. Viele Beschäftigte geburtenreicher Jahrgänge gehen in Rente. Die Reform sei wichtig für die "Sicherung unseres Wohlstands", mahnte Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Mit dem neuen Gesetz verfolgt die Koalition einen grundlegend neuen Ansatz, das lässt sich an zwei Punkten festmachen: Zum einen müssen Interessenten ihren Abschluss nicht mehr als gleichwertig mit einem deutschen Zeugnis anerkennen lassen. Diese Prozedur dauerte oft Jahre, verlangte Einwanderern Nachprüfungen ab - und ließ viele nach alternativen Reisezielen suchen. Nun reicht auch ein im Ausland staatlich anerkannter Abschluss, um sich auf Jobs in Deutschland zu bewerben. Zum anderen erhält Deutschland damit erstmals ein Punktesystem, welches das Potenzial möglicher Immigranten bewertet. Länder wie Kanada oder Australien steuern so bereits erfolgreich ihre Zuwanderung. Wer einen Ausbildungsabschluss und Berufserfahrung mitbringt, kann damit beispielsweise mangelnde Deutschkenntnisse ausgleichen. Immigranten ohne Asylstatus sollen bleiben dürfen, wenn sie einen Job haben
Die Parlamentarier änderten den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom März für die finale Einigung noch an zahlreichen Stellen. Sie senkten etwa das vorgeschriebene Mindestgehalt auf etwa 3500 Euro. Auch der Nachzug von Familienangehörigen soll leichter werden. Zudem sollen Menschen, die keinen Anspruch auf einen Asylstatus in Deutschland haben, bleiben dürfen, wenn sie Arbeit finden und qualifiziert sind. Dies sei gut für Unternehmen sowie Kommunen, die von Bürokratie und Kosten entlastet würden, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic. Allerdings gilt das nur rückwirkend für alle, die zum Stichtag 29. März dieses Jahres im laufenden Asylverfahren waren.
Bei aller Freude über den Beschluss in der zuletzt oft zerstrittenen Koalition war am Montag auch das Bemühen spürbar, zugleich Ängsten zu begegnen. Mit den breiteren legalen Zugangswegen sollen die irregulären für Geflüchtete nach Deutschland enger werden. Es gehe auch darum, das Thema Migration "vernünftig zu sortieren", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Neuregelung sei auch wichtig für den Sonderbeauftragten der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), der mit Herkunftsländern über Abkommen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber verhandelt.
Wohl auch um der Angst vor dem Strukturwandel in Deutschland zu begegnen, stellten Heil und die Koalitionspartner zeitgleich ihre Pläne für den Ausbau der Aus- und Weiterbildung vor, die ebenfalls diese Woche vom Parlament verabschiedet werden sollen. Beschäftigte können demnach künftig zur Fortbildung freigestellt werden und erhalten ein Qualifizierungsgeld vom Staat, um einen Verlust ihres Arbeitsplatzes abzuwenden. Jungen Menschen, die trotz Azubi-Mangels keine Ausbildungsstelle finden, soll geholfen werden mit Zuschüssen für Umzug und ein Recht auf eine Ausbildung außerhalb eines Unternehmens. Die Botschaft: Die Menschen im Inland haben Vorrang, die Einwanderer kommen nur zusätzlich hinzu.
Ich möchte prognostizieren: Das wird nichts.
Ich finde die deutsche Arroganz schon lustig, dass gedacht wird, alle wollen zu uns kommen, wenn hochqualifizierte Fachkräfte auch einfach in andere europäische Länder mit geringerer Sprachbarriere oder in die USA gehen können.
vorallem indem man die Löhne erstmal senkt - big brain time